Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik behandelt ein Kinderarzt aus Oppenheim, wie in der Presse berichtet, seit Anfang Oktober nur noch Privatpatienten; die kassenärztliche Tätigkeit ist also niedergelegt worden. Zeitgleich haben allerdings die für gesetzlich versicherten Kinder verbleibenden Kinderärzte einen Aufnahmestopp.
Verzweifelte Eltern nähmen Fahrzeiten von bis zu 40 Minuten in Kauf, wenn sie denn nur aufgenommen werden würden, meldete sich daraufhin bedauernd ein Wormser Kinderarzt medial zu Wort. Doch auch dessen eigene Praxiskapazitäten seien bereits vollkommen ausgeschöpft.
„Die Kassenärztliche Vereinigung hat einen Sicherstellungsauftrag der Versorgung, der hier offenkundig nur unzureichend erfüllt wird“, so die Monsheimer Landtagsabgeordnete Kathrin Anklam-Trapp in einer Eingabe an das rheinland-pfälzische Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit. Die SPD-Landtagsabgeordnete des Wahlkreises Rhein-Selz/Wonnegau hat sich auf Bitte der Ortsbürgermeisterin in Hillesheim, Melanie Schindel, eingeschaltet. Die Ortsbürgermeisterin hatte Anklam-Trapp die Sorgen und Nöte der örtlichen Eltern geschildert.
„Die Not von Eltern akut erkrankter oder chronisch kranker Kinder kann ich nur zu gut verstehen“, teilt Kathrin Anklam-Trapp die Sorgen der Hillesheimer Ortsbürgermeisterin. Anklam-Trapp hat deshalb das Gesundheitsministerium gebeten, im Dialog mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) nach Lösungen für den Bereich Rhein-Selz zu suchen.
Die Bedenken wegen der Ankündigung des Oppenheimer Kinderarztes, künftig nur noch Privatpatienten zu behandeln, teilt auch Nicole Steingaß, Staatssekretärin im Gesundheitsministerium. Das Fachreferat des Ministeriums habe sich deswegen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz erkundigt. Dort seien keine Probleme mit der Praxis des Oppenheimer Kinderarztes bekannt. Die von ihm vorgetragenen „Probleme mit der KV“ seien für die KV nicht nachvollziehbar.
KV sind Hände gebunden
Aber: „Es gibt keine vertragsarztrechtliche Sanktion, wenn ein einzelner niedergelassener Arzt sich dazu entschließt, die Kassenzulassung zurückzugeben und keine gesetzlich versicherten Patienten mehr zu behandeln“, so die Staatssekretärin weiter. Der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) stünden hier keine Handlungsoptionen zu Verfügung.
Mainz-Bingen überversorgt
Bedarfsplanerisch ist die Region Mainz-Bingen, zu der die Verbandsgemeinde Rhein-Selz zählt, mit einem kinderärztlichen Versorgungsgrad von rund 111 Prozent derzeit zudem sogar überversorgt. Sinkt der Versorgungsgrad unter 110 Prozent, werde der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Möglichkeit schaffen, dass für Mainz-Bingen ein weiterer Kinderarzt zugelassen werden kann, so die Auskunft der KV und des Ministeriums. „Eltern, deren Kind eine pädiatrische Behandlung benötigt, oder bei deren Kind eine U-Untersuchung ansteht, können sich an die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung wenden“, informiert Steingaß darüber hinaus. Sie steht unter Telefon 116 117 für eine kinderärztliche Terminvermittlung zur Verfügung.
Land fördert Kinder- und Jugendmedizin
Unabhängig davon, dass der Sicherstellungsauftrag bei der Kassenärztlichen Vereinigung liegt, ist es der Landesregierung nach Angaben der Staatssekretärin wichtig, die kinder- und jugendärztliche Versorgung in Rheinland-Pfalz zu stärken.
Ihr zufolge habe die Landesregierung daher zum Januar 2024 die Kinder- und Jugendmedizin in die Landesförderung hausärztliche Versorgung aufgenommen. Hierin werden ergänzend zum Strukturfonds-Programm der KV in zusätzlichen Fördergebieten Niederlassungen, Zweigpraxen und die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten gefördert.
Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung auch die ambulante Weiterbildung in der Kinder- und Jugendmedizin – aktuell durch eine finanzielle Zuwendung an die KV. Dies steigere die Attraktivität der Facharztweiterbildung im Bereich Kinderheilkunde.
Budgetierung aufgehoben
Ferner wurde durch den Bundesgesetzgeber die Budgetierung der Honorare der Kinderärzte aufgehoben. Seit dem vergangenen Frühjahr werden alle Leistungen somit ohne Mengenbegrenzung voll vergütet. „Für Kinderarztpraxen wurde ein finanzieller Anreiz geschaffen, zusätzliche Patienten aufzunehmen“, findet Staatssekretärin Steingaß.
Über 200 angehende Kinderärzte in Ausbildung
Nach Auskunft der Landesärztekammer befinden sich in Rheinland-Pfalz derzeit 206 Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin. .
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